Nachfolger der Pioniere
Unter den Vorkämpfern gab es einige, die als eigentliche Pioniere der Homosexuellen-Emanzipation in die Geschichte eingingen. Zu ihnen zählen Heinrich Hössli, Karl Heinrich Ulrichs und Jacob Rudolf Forster. Ihrem Denken und Handeln folgten weitere Männer. Sie bildeten sozusagen die zweite Generation.
Karl Meier (1897-1974) führte die Emanzipationsbewegung in die Schweiz zurück. Er lebte von 1924 bis 1932 in Deutschland, wo er als Schauspieler tätig war und Kontakte zur deutschen Schwulenbewegung hatte. Für Karl Meier wurde nebst Magnus Hirschfeld auch Adolf Brand und dessen Zeitschrift Der Eigene zum Vorbild für seine späteren Tätigkeiten in der Schweiz Der Kreis. Diese beiden Persönlichkeiten spielen daher in der schweizerischen Schwulengeschichte eine wichtige Rolle.
Eine ganz andere Persönlichkeit war Caspar Wirz: Obmann im Wissenschaftlich-humanitären Komitee von Magnus Hirschfeld, für einen Schweizer ein Novum, und - im Auftrag der Eidgenossenschaft - Forscher in vatikanischen und italienischen Archiven. Zudem war er Theologe. Sein mutiges Werk von 1903 und 1905 über den Homosexuellen "vor Kirche und Schrift" war für suchende und gläubige Mitbetroffene eine Quelle der Hoffnung und auch der Rechtfertigung. Denn Wirt war der erste Homosexuelle, der alle einschlägigen Bibelstellen in ihrem Kontext sah, nach ihrem historisch-gesellschaftlichen Hintergrund erforschte und entsprechend auslegte.
Ernst Ostertag, August 2010