Flüchtlinge
Karl Meier / Rolf hatte es in seinem Artikel angedeutet: "Jene, die ihr Land als Verbrecher stempelt", sie sassen auch da, gehörten dazu. Und niemand wies sie weg. Es seien, das wissen wir (Röbi Rapp und Ernst Ostertag) von alten Kameraden im KREIS, schon seit 1933 immer wieder Menschen zu uns gekommen. Vorübergehend meist, andere blieben länger, etliche für immer. Manche fanden hier den Lebenspartner; wir haben später einige solche Paare persönlich kennen gelernt. - Und das fand mit 1945 kein Ende, im Gegenteil, es gab - vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland - Verfolgte bis 1967, die beim KREIS anklopften und Hilfe erhielten.
Im Menschenrecht 14/1937 erschien ein Inserat:
"Verbundenheit in der Not! Wir suchen für einen jüngeren, erfahrenen, ausländischen ARZT in der Schweiz oder irgendwo auf der Welt eine Beschäftigung, entweder als Assistent oder auch ausserhalb seines Berufes, wenigstens für vorübergehende Zeit, auch als Gast, bei allerbescheidensten Ansprüchen. Wer hilft mit Rat und Tat? Zuschriften an die Redaktion unter 'Einer des Andern Last', Nr. 128 ans Menschenrecht."
Nummer 2/1939 vom 21. Januar brachte einen "Aufruf an unsere Artkollegen und -Kolleginnen, die eine Heimat haben!":
"Zahlreiche unserer Artkollegen, die in Deutschland vor dem Hitler-Regime für unseren Kampf tätig waren, mussten ins Ausland flüchten. [...] So auch der bekannte Vorkämpfer und Verfasser des '§175, die Schmach des Jahrhunderts', Kurt Hiller, der [zunächst] in Prag ein schützendes Asyl fand [...], [nun aber] in England eine Unterkunft [finden musste], aber völlig mittellos ist. Ist es da nicht Ehrenpflicht jedes Artkollegen [...] ihm zu helfen? Es sind noch andere aus Deutschland, Flüchtende, die immer wieder bei uns vorsprechen und um wenigstens vorübergehende Hilfe bitten. Schon manchem von ihnen konnten wir die erste Not lindern, es kommen aber immer wieder neue und unsere Mittel sind erschöpft. Wenn überall im Schweizerland der Ruf ergeht, den armen Flüchtlingen zu helfen, dann wagen auch wir die Bitte: Helft in erster Linie denjenigen, die wie Ihr unter der nämlichen Ächtung leiden und die deswegen Heim und Vaterland verlassen müssen!"
Dazu wurde das Postcheckkonto der Zeitschrift angegeben und um den Vermerk "Hilfsfonds" gebeten. Dieser Aufruf war zugleich die letzte Mitteilung im Namen der "Liga für Menschenrechte".
Ernst Ostertag, August 2004