1957/1958

Rasche Aufklärung

... aber der KREIS wird geoutet

Zur raschen Aufklärung war in der NZZ vom 30. Dezember 1957 noch weiter zu lesen:1

"Am gleichen Tag, da die Zeitungen von der Entdeckung der Bluttat [...] berichteten, meldete sich bei der Polizei ein Mann, der mitteilte, dass er Ernst Rusterholz seit Jahren gekannt habe, ohne mit ihm in persönlichem Kontakt gestanden zu sein. Er habe um 01.30 Uhr bei der Bedürfnisanstalt Ecke Bahnhofstrasse/Usteristrasse beobachtet, wie Rusterholz mit einem Unbekannten ins Gespräch gekommen und mit diesem Richtung Löwenstrasse weggegangen sei. Der Beobachter [...] gab ein [...] ausserordentlich präzises Signalement von dem Unbekannten. [...] Eine Überwachungsgruppe der Kantonspolizei stellte am Sonntag kurz vor Mitternacht in der Halle des Hauptbahnhofes den 24jährigen Lodovico Rinaldi. [...]"

Dieser Mann, der sich bei der Polizei gemeldet hatte, war Abonnent des Kreis. Er führte den Club-Namen "Karl" und berichtete an den KREIS-Mittwochtreffs jeweils über seine Erfahrungen als Zeuge und später auch über den Prozess, an dem er teilzunehmen hatte. Anfänglich sahen wir seine Aussagen als positiven Beitrag an die Aufklärung des Mordes und waren recht zufrieden, dass ein Kreis-Abonnent der Polizei helfen konnte. Das änderte sich aber, als die Sensationspresse ausgerechnet diesen Kronzeugen als Strichkumpan und Gesinnungsgenossen des Ermordeten beschimpfte.

In diesen ersten Berichten wurden auch gewisse Enthüllungen gemacht und Konsequenzen angedeutet. So stand in den Basler Nachrichten,2 dass der Zürcher Stadtrat Albert Sieber (FDP), Polizeivorstand von 1946 bis 1970, an einer Pressekonferenz bekannt gab, die regelmässige Passantenkontrolle durch Polizeiorgane sei bei der Verhaftung Rinaldis entscheidend gewesen. Und das habe 1956 eine sozialdemokratische Interpellation einschränken wollen. Damit war eine politische Auseinandersetzung hinzugekommen. Der Artikel schloss:

"Keine Verbrechensverhütung ohne Passantenkontrolle, lautet der Slogan der Zürcher Polizei."

Und die Zürcher Woche berichtete über den KREIS:3

"Wie gross dieses Milieu in Zürich ist, kann man sich unschwer vorstellen, wenn man weiss, dass es über eine eigene Zeitung verfügt. Der Kreis heisst das bereits in seinem 25. Jahrgang erscheinende, in deutscher, französischer und englischer Sprache redigierte und mit Fotografien gespickte Blättchen, für dessen Herausgabe ein gewisser Rolf [Karl Meier] zeichnet. DER KREIS ist aber nicht nur eine sogenannte Zeitschrift, sondern ein eigentlicher Geheimbund anormal Veranlagter, die regelmässige Zusammenkünfte veranstalten."

Darauf folgte eine Beschreibung der Weihnachtsnummer mit den dort angegebenen Daten der Weihnachts- und Silvester/Neujahrs-Zusammenkünfte. Die genauen Örtlichkeiten und weitere Details wurden nicht genannt. Diese waren nur im Kleinen Blatt zu finden, das ausschliesslich den Exemplaren für Kreis-Abonnenten beigelegt wurde. Diese Vorsichtsmassnahme, hervorgegangen aus den Diffamierungskampagnen der "Frönteler", den Schweizer Nazi-Sympathisanten, waren - wie sich jetzt zeigte - berechtigterweise nie abgeschafft worden.

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Ernst Ostertag, September 2005

Weiterführende Links intern

Karl Meier / Rolf

Diffamierungs-Kampagnen

Quellenverweise
1

Neue Zürcher Zeitung, 30. Dezember 1957, Abendausgabe

2

Basler Nachrichten, 31. Dezember 1957

3

Zürcher Woche, Nr. 1/1958