Newsletter 39

März 2013

Diese Ausgabe enthält folgendes Thema: 

  • Kolumne: Vor 40 Jahren: Homosexuelle Arbeitsgruppen St.Gallen (HASG)

    

Vor 40 Jahren: Homosexuelle Arbeitsgruppen St.Gallen (HASG)

eos. Gegründet wurde die HASG am 15. März 1973. Dies im studentischen Umfeld der HSG, heute Universität und Handelshochschule St.Gallen. Es waren heterosexuelle Kommilitonen, die mithalfen. Doch von oben und von draussen wehte ein eisiger Wind gegen das zarte schwule Pflänzchen. Und genau das stärkte die Motivation und Kreativität der ganz wenigen wirklich Aktiven.

Die ersten paar Jahre sind recht gut dokumentiert und zeigen heutigen Lesern, wie schwules Leben am Anfang der Aufbruchjahre aussah und wie es sich immer wieder durchsetzen musste, nach innen gegen Lauheit und Ängste, nach aussen gegen Tradition und Ächtung.

Schwierigkeiten kamen nicht nur vom Rektor. Die Polizei glaubte, Gruppen, "deren Ursprung Perversionen sind" im Sinne von "Verbrechensbekämpfung" bespitzeln zu müssen. Das war echtes Studentenfutter für eine deftige Lektion: Begriffe wie Perversion oder biologische Norm kamen im Brief an die Ordnungshüter zur Abklärung und auch die Frage, warum man eigentlich nicht homosexuell sein dürfe. Zum Schluss reichte man ihnen kumpelhaft die Hand, im Grund habe man doch dasselbe gemeinsame Ziel, ein gesellschaftliches Problem zu lösen, ergo müsste die Polizei bestimmt froh sein um jegliche Aktivität der HASG.

Auch über Emanzipation wurde untereinander heftig diskutiert und nachgedacht: Es ist ein Schwieriges doch Unumgängliches, sich selbst zu akzeptieren, um dann hinauszutreten, das eigene Recht zu begründen und es auch zu fordern.

Im zweiten Jahr formte sich eine Gemeinschaft mit Arbeitsgruppen, die teilweise erfolgreich waren und neue Mitglieder anzogen. So entstand eine breitere Basis, was zur Konsolidierung der immer noch relativ kleinen Organisation HASG führte. Es konnten neue Aktionen geplant und verwirklicht werden.

Das Lesen von Details dieser Aktivitäten bietet Jüngeren Einblick in Vergangenes und stösst vielleicht Ideen für Neues an, bei Älteren könnten Erinnerungen an ähnliche und andere Details aus ihrer Jugendzeit geweckt werden.

Zum Beispiel die zwei Briefe ans Schweizer Fernsehen (SF) mit der Frage, warum Themen der homosexuellen Mitbürger nicht aufgenommen werden, warum ein Schweizer Film - Alexander Zieglers "Konsequenz" - nur in einem deutschen Sender zu sehen sei (1977).

Ein Jahr später, nach der berühmt gewordenen Telearena-Sendung des SF zum Thema Homosexualität, verteilte die HASG - ermutigt - Flugblätter an einem offiziell bewilligten Info-Stand im Zentrum der Stadt ("Jegliche Aufdringlichkeit ist zu unterlassen..."). Die Flugblätter zählten auf, was Homosexuelle nicht sind und erklärten jene Tätigkeiten der HASG, die zur notwendigen Änderung der Situation beitragen und das Bewusstsein der Mehrheit öffnen sollen.

Allerdings, schon 1977 hatten St.Galler-Schwule ein provokatives Aufklärungsheft unters Volk gebracht. Ein schwer schleppender Obelix zierte das Titelblatt. Nur, dieser Obelix trug einen dicken Hinkelstein in Penis-Form. Das war zu viel. Es ergab sich ein Rechtsstreit bis hinauf vor Bundesgericht. Und dieses schützte "weitgehend die moralisch motivierten Urteile" der braven st.gallischen Vorinstanzen. Doch der gewaltige PR-Effekt war den HASGlern nicht mehr zu nehmen.

Weiteres in folgenden Abschnitten:

HASG St.Gallen
Gründung
Schwierigkeiten
Emanzipation
Arbeitsgruppen
Konsolidierung
Forderung an das SF
Flugblattaktion
Bis vor Bundesgericht