1889-1963

Jean Cocteau

Dichter, Theater- und Dreh­buch­au­tor, Maler, Zeichner

Bereits 1944, in zwei Kreis-Nummern, brachte Eugen Lau­ba­cher / Charles Welti Texte von Jean Cocteau. Es waren Auszüge aus "Le Livre Blanc", jener pa­cken­den Beichte einer Jugend im Bann der "Ent­de­ckung des Hin­ge­ge­benseins ans starke Ge­schlecht, das er zu Recht das Schöne nennt"1. Das Buch erschien 1928 anonym und 1930 erneut, be­rei­chert mit 22 Zeich­nun­gen, welche Cocteau als die seinen kenn­zeich­ne­te. Als Autor hingegen bekannte er sich (noch) nicht.

1957 liess Lau­ba­cher / Welti die erste dieser ero­ti­schen, fast magisch wir­ken­den Zeich­nun­gen im Kreis drucken2.

Eine für die deutsch­spra­chi­gen Leser erste Be­geg­nung mit Jean Cocteau erfolgte 1965 unter dem Titel "Jener Abend in Toulon"3. Al­ler­dings handelte es sich bei diesem Ab­schnitt aus dem "Livre Blanc" um eine ungenaue Über­set­zung. Dennoch, es war eine Premiere, die deutsche Ausgabe des ganzen Weiss­buchs kam erst 1982 in den Handel.

Cocteaus Gedicht "Batterie" brachte der fran­zö­si­sche Teil 1945 als "extrait du livre 'Poèmes' qui vient de paraître" mit der Auf­for­de­rung, sich diesen neuen, loh­nen­den Band zu kaufen4.

Eben­falls im fran­zö­si­schen Teil wurde Cocteaus tra­gi­sche Kurz­ge­schich­te "Le fantôme de Mar­seil­le" von 1933 aus den eben er­schie­ne­nen "Oeuvres Com­plè­tes" ab­ge­druckt, um den Lesern dieses wichtige Werk nahe zu bringen5. Röbi Rapp führte das über­setz­te Stück "Das Phantom von Mar­seil­le" an einem der Herbst­fes­te Ende der 50er Jahre auf; Regie hatte Karl Meier / Rolf.

Die No­vem­ber­aus­ga­be 1963 galt dem eben ver­stor­be­nen Künstler. Der Nachruf und zugleich geist­rei­che Essay, "Hommage à Jean Cocteau", begann mit einem Satz, der sofort Er­in­ne­run­gen an den un­ver­gess­li­chen Film "Orphée" von 1950 weckte: "Jean Cocteau a traversé le miroir."6 Denn Cocteau liess seinen jungen Liebling Jean Marais als "Orphée" durch einen Spiegel in die Un­ter­welt treten und auch über einem Spiegel erwachen, als er wieder zurück in die Welt der Sterb­li­chen kam.

Ernst Ostertag, April 2005

Quellenverweise
1

Der Kreis, Nr. 10/​1944, Seite 14 und Nr. 11/​1944 Seite 12

2

Der Kreis, Nr. 1/​1957, Seite 28

3

Der Kreis, Nr. 10/​1965, Seite 14

4

Der Kreis, Nr. 10/​1945, Seite 12

5

Der Kreis, Nr. 2/​1957, Seite 21

6

Der Kreis, Nr. 11/​1963, Seite 21